Weihnachten: Als die Macht den Palast verliess und die Grundlage entstand, in allen Menschen Herrscher ihres eigenen Lebens und Schicksals zu sehen

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Konfirmandenunterricht kurz vor Weihnachten. Wir beschäftigen uns mit der Weihnachtsgeschichte nach Lukas.
„Gibt es Fragen?“

Die Hand einer Konfirmandin schnellt in die Höhe:
„Jesus, von der Jungfrau Maria geboren – das kann nicht sein. Eine menschliche Geburt ohne männliche Zeugung widerspricht allem, was wir über Biologie wissen.“

Was nun?
Soll ich darauf beharren, dass Wunder geschehen und Gott Naturgesetze durchbrechen kann? Sicher: Biblische Geschichten rechnen mit dem Eingreifen Gottes. Die biblische Welt ist – anders als unsere moderne – nicht in sich abgeschlossen. Aber ist das wirklich der Punkt der Geburtsgeschichte Jesu?

Was wollten die biblischen Texte überhaupt sagen?

Ich glaube: Wenn wir die Geburtsgeschichte Jesu als naturwissenschaftlichen Bericht lesen, verfehlen wir ihren Kern. Weder das Matthäus- noch das Lukasevangelium sind medizinische Protokolle. (Im Übrigen sind dies die einzigen beiden Schriften, die überhaupt von einer wundersamen Geburt berichten – die anderen Evangelien und auch die Briefe des Neuen Testaments greifen dieses Motiv nicht auf.)

Die Jungfrauengeburt ist kein biologischer Befund, sondern eine theologische Erzählform.
Sowohl moderne Kritik, die fragt „Wie soll das gegangen sein?“, als auch eine fromme Apologetik, die auf dem Wunder beharrt, verfehlen aus meiner Sicht die eigentliche Intention der Weihnachtsgeschichte.

Denn diese Geschichte stammt aus einer anderen Zeit. Antike Menschen stellten andere Fragen:

  • Wer ist dieser Mensch?
  • Woher kommt seine Autorität?
  • Warum sollte man ihm folgen?

Um darauf zu antworten, griff man auf ein bekanntes literarisches und religiöses Motiv zurück: die aussergewöhnliche Zeugung. Solche Geschichten dienten jedoch nicht primär dazu, ein Wunder zu feiern. Ihr Zweck war politisch – Herrschaft zu legitimieren.

Ein paar Beispiele:

Der römische Kaiser Augustus (63 v. Chr. – 14 n. Chr.), der zur Zeit der Geburt Jesu herrschte, liess verbreiten, seine Mutter Atia sei im Tempel des Apollo vom Gott Apollo höchstpersönlich geschwängert worden. Augustus sei somit Sohn eines Gottes.

Über Alexander den Grossen (356–323 v. Chr.) erzählte man, Zeus selbst sei sein Vater.

Die Stadt Rom berief sich darauf, dass ihre Gründer göttlicher Abstammung seien: Romulus und Remus stammten laut Überlieferung von der Vestalin Rhea Silvia, einer geweihten Jungfrau, die vom Kriegsgott Mars geschwängert wurde. Rom erhielt so eine göttliche Gründungsurkunde.

Und schon lange vor Rom galten ägyptische Pharaonen als Söhne Gottes. Tempelreliefs zeigen, wie der Gott Amun-Ra die Königin besucht und den zukünftigen Herrscher zeugt.

Mit diesem Hintergrund zeigt sich die Radikalität der Weihnachtsgeschichte.
Hier wird es theologisch brisant.

Christinnen und Christen nahmen den Zeugungsmythos ihrer Zeit auf und beanspruchten: Christus ist der wahre Kaiser, der wahre Pharao, der wahre Herrscher dieser Welt.

Will ich damit sagen, es gebe keine Wunder oder Jesus sei nicht von einer Jungfrau geboren?
Ich weiss es nicht. Und ich glaube, sich für oder gegen diese Frage auszusprechen, verfehlt den eigentlichen Punkt.

Was ich weiss: Das Christentum hat die Machtstrukturen der antiken Welt auf radikalste Weise unterwandert – und damit ein Fundament gelegt für unsere freie westliche Welt, für Demokratie und Menschenrechte.

Antike Herrscher unterdrückten ihr Volk und nahmen dafür göttliche Legitimation in Anspruch.
In Jesus Christus begegnet uns ein Herrscher – ja Gott selbst –, der von seinem Thron steigt, zu den Menschen kommt, um ihnen zu dienen, ihnen zu helfen und für sie da zu sein.

Jesus wird nicht als Sohn eines Gottes präsentiert, der über der Welt thront, sondern als einer, der Teil der Welt ist, ihr dient und sie befreit.

Am deutlichsten zeigt sich mir dies darin, dass diese göttliche Legitimation im Christentum nicht exklusiv bei Jesus Christus stehen bleibt.
In der Antike konnte es immer nur einen Sohn Gottes geben: nur der Kaiser, nur der Pharao war göttlich legitimiert.

Christinnen und Christen erblickten jedoch durch Jesus Christus Gott im Gegenüber. Sie waren überzeugt: Wenn sie einem Menschen helfen, dienen sie Gott selbst.

Besonders deutlich wird das in der Taufe.
Als Pfarrer vollziehe ich bei jeder Taufe – theologisch gesprochen – ein Inthronisationsritual. Was früher nur einzelnen Herrschern vorbehalten war, spreche ich jedem Kind zu. Normale Bürgerinnen und Bürger erkläre ich zu Kindern Gottes – im Vertrauen auf Jesus Christus.

Ich spreche ihnen zu:
Du bist Träger göttlicher Würde.

Das ist keine religiöse Romantik.
Das ist eine radikale Umwertung von Macht.

Darum ist Weihnachten für mich kein harmloses Fest, das von Wundern erzählt, an die nur Kinder glauben können.
Nein – aktueller denn je ist Weihnachten eine Zumutung für jede Form von Herrschaft, die sich über Menschen erhebt. Es ist eine Absage an alle Bewegungen und Ideologien, die Menschen einteilen wollen in höhere und niedrigere, in göttliche und normale.

Denn wenn Gott im Kind in der Krippe erkannt wird,
dann muss Gott auch im Gesicht meines Gegenübers erkannt werden.

Und das verändert alles.

Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit KI-gestützten Werkzeugen. Der Autor hat Inhalte, Struktur und Formulierungen eigenständig konzipiert und redaktionell bearbeitet.

Kann Sprache die Realität verändern? Über die Kraft der Glaubensrede

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Nichts ist ohne Sprache.
Sprache ist zentral.

Es gibt unzählige Sprachen auf der Welt – und nichts ist ohne Sprache.
Wenn ich den Sinn der Sprache nicht kenne, bin ich für den Sprecher ein Fremder, wie der Sprecher für mich.[1]


So schrieb Paulus an die Korinther.

Sprache macht die Welt benennbar.
Dadurch wird sie greifbar und real.
Dank der Sprache können wir uns in der Welt orientieren und miteinander kommunizieren.
Sprache erschliesst uns die Welt – und zugleich verschliesst sie sie auch.
Dort, wo ich den Sinn der Sprache nicht kenne, wird mir die Welt fremd – und ich ihr.
„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“ [2]
So sagt es Wittgenstein.

Das gilt gerade auch für den Glauben.
Religion ist eine Sprache, die gelernt werden will.
Wer sie spricht, dem eröffnet sich eine neue Welt.
Religion und Sprache sind tief miteinander verbunden.
Religionen leben von Sprache.
Sie entstehen aus sprachmächtigen Gestalten und heiligen Schriften.
Religion wird wie Sprache vorgefunden.
Wir werden in sie hineingeboren, wir erlernen sie – und werden dadurch Teil unserer Kultur.

Zwei Funktionen von Sprache

Wie prägend Sprache für unser Denken ist, zeigte Ludwig Wittgenstein.
Seine erste Schrift, der Tractatus logico-philosophicus, war streng und klar.
Sprache hat eine Aufgabe.
Einen richtigen Gebrauch.
Sie beschreibt, was ist. Punkt.[3]
Mehr soll und kann Sprache nicht.
„Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“

Danach schwieg Wittgenstein –
um 25 Jahre später eine ganz neue Sicht auf Sprache zu entwickeln.
Er verwarf die Reduktion auf das blosse Beschreiben.
In den Philosophischen Untersuchungen zeigt er:
Sprache hängt vom Kontext ab – von der jeweiligen Tätigkeit oder Lebensform.
Sprache kennt viele Formen.
Sie spielt unterschiedliche Spiele. [4]
Die Anzahl von Sprachspielen bleibt bei Wittgenstein offen.

Die Sprachakttheorie von Austin und Searle unterscheidet zwei Funktionen:
propositional und illokutive.
Inhalt und Absicht. [5]  
Auch hier:
Sprache beschreibt die Wirklichkeit nicht nur.
Sie hat eine Absicht:
Sie greift schaffend in sie ein.

Es gibt zwei Sprachen in der Sprache.
Sprache kennt zwei Funktionen.
Die Erste ist die beschreibende der Logik und Empirie:

„Sprechen heisst dann: das Rätsel enträtseln, etwas definieren, abgrenzen.
Dieses Ding ist so und nicht anders: Wasser ist kein Dampf, kein Eis.
Hier ist nicht dort. Eins ist eins, zwei ist zwei, tot ist tot.“ [6]

Die Zweite ist mehrdeutig, doppelsinnig und paradox –
die Sprache der Bilder und Metaphern.
Sie weckt Vorstellungen.
Sie erschafft Gefühle, die sich dem rein Beschreibbaren entziehen.

Hier ist die religiöse Sprache zu Hause.
Sie bewirkt, was sie sagt.
Sie will nicht nur informieren – sie will transformieren.

2. Sprachformen in den Gleichnissen Jesu

Dieses Verständnis von Sprache ist nicht selbstverständlich.
Aber zentral.
Wem es fehlt, verfehlt die Absicht der Bibel.

Wir kommen aus der Moderne – dem Zeitalter der Vernunft.
Was zählt, ist der Logos.
Zu überwinden ist der Mythos.
Hinter den Bildern soll der eindeutige Begriff liegen.

So dachte man lange auch über die Gleichnisse Jesu.
Nach Adolf Jülicher (1857–1938) lassen sich Gleichnisse in einen Bild- und Sachanteil zerlegen. [7]
Jülicher folgte Aristoteles:
In einem Gleichnis werden Worte auf andere Worte übertragen –
„Achill, der Löwe.“
Ein Gleichnis wird richtig verstanden,
wenn man die Bildsprache auf die sachliche Ebene zurückführt.[8]
Es gilt, den wahren logischen Gehalt aus der Symbolhaftigkeit zu bergen.

Doch das stimmt nicht ganz.
Ein wichtiges Element der Metapher wird dabei übersehen.
In der Metapher wird nicht nur ein Wort in ein Bild übertragen –
das Bild verändert auch das Wort.
Ein neuer Textzusammenhang entsteht.
Ein neuer Sinn wird erschaffen.

Die Metapher wirkt in beide Richtungen:

„Nicht nur Achill ist wie der Löwe, sondern zugleich dieser auch wie Achill.“[9]

Die Metapher ist keine vereinfachte Darstellung eines Inhalts.
Sie ist ein sinnschöpfender Akt.
Sprache schafft und entdeckt neues Wissen.

So auch in den Gleichnissen Jesu.
Sie nehmen die alltäglichen Erfahrungen der Menschen auf
und lassen sie zum Gleichnis der Gottesherrschaft werden.
Der Acker wird zum Reich Gottes.
Die Ernte zum Gericht.
Der Alltag erscheint im neuen Licht.

Jesu Sprache lässt die Gottesherrschaft sichtbar werden –
hier und jetzt.
Sie macht das Göttliche präsent.

Wer nur die sachliche Ebene sucht,
verpasst diese schöpferische Kraft.
Der Mythos ist keine kindliche Vorstufe der Logik.
Religiöse Rede greift das Wirkliche auf
und lässt es in neuem Licht erscheinen.
Sie erschafft einen Realitätsüberschuss –
und lässt den Hörer eine göttliche Wirklichkeit entdecken.

Persönliches Fazit

Diese Sicht zeigt die besondere Kraft religiöser Sprache.
Glaubenssprache ist kein naiver Rest aus alten Zeiten.
Sie ist Urkraft.
Sie erschafft.

Peter Sloterdijk nennt das Theopoesie.[10]
Theopoesie betont die empfundene Wirklichkeit des Menschen,
sich selbst zu überschreiten.
Sprache verselbständigt sich.
„Es“ beginnt im Menschen zu reden –
über die Dinge, die ihn selbst übersteigen.
Das ist die Seite der Sprache,
die den Himmel zum Klingen bringt.

Diese Sprache ist kraftvoll –
für das Gute
und das Böse.

Gottesdienst, Konfirmandenunterricht und Theologiestudium vermitteln diese Sprache.
Die Kirche schult uns darin.
Und ihre Tragweite ist gross.

Darum suche ich nach Glaubenssprache –
in und für die heutige Zeit.
Dabei sind mir Gedichte wichtig.

Im Dichten erfahre ich die Macht der Sprache –
und ihre Ohnmacht.
Oft bleibt das rechte Wort aus.
Dichten ist Scheitern.
Ein Ringen, das oft im Schweigen endet.

Beim Schreiben spüre ich:
Die poetische, metaphorische Sprache steht an der Grenze des Sagbaren.
Vom Göttlichen zu sprechen, muss einem geschenkt werden.
Der Überschuss der Wirklichkeit lässt sich nicht in Worte zwingen –
sondern nur stammelnd ertasten.


[1] 1. Korinther 14, 10f

[2] Wittgenstein, Tractatus (19685): 89.

[3] Vgl. Wittgenstein, Tractatus (19685): 115. Unter Punkt 6.53 beschränkt Wittgenstein die Aufgabe der Philosophie dahingehend; „Nichts zu sagen, als was sich sagen lässt, also Sätze der Naturwissenschaft“. Und unter Punkt 7 kommt er darauf aufbauend zu seinem berühmten Satz: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen“.

[4] Vgl. Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen (1984): PU 23.

[5] Vgl. Arns, Religiöse Sprache (2009): 43.

[6] Oosterhuis, Die zweite Sprache (1994): 242f.

[7] Vgl. Grötzinger, Reden von und über Gott (2017): 95f.

[8] Dem widerspricht Bloomberg. Er geht davon aus, dass das metaphorisch Gesagte nicht ohne inhaltlichen Verlust in begriffliche Sprach übertragen werden kann. Vgl. Ebd.: 99.

[9] Ebd.: 100f.

[10] Sloterdijk, Den Himmel zum Sprechen bringen (2020): 76.

Dieser Text basiert auf einer Seminararbeit zum Thema „Religiöse Kommunikation – Erkundungen an den Grenzen von Theologie und Literatur“ vom 16. Januar 2021. Der Text wurde eigenständig vom Autor verfasst, ohne Einsatz von KI.

Warum brauchen wir heute mehr Demut als Gewissheit? Die Kraft eines schwachen Glaubens

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Wir leben in kuriosen Zeiten.
Religion verstummt.
Die Gesellschaft wird religiöser.
Eine seltsame Spannung:
Der Glaube an Gott schwindet,
das Denken in absoluten Wahrheiten wächst.
Mit Inbrunst werden die eigenen Überzeugungen vertreten.

Glaubenskriege ganz ohne Gott?
Politik,
Ernährung,
Klima –
sind dies die neuen Glaubensfragen?
Die eigene Sicht erscheint absolut richtig.
Wer anders denkt –
moralisch abgewertet
oder gar ausgeschlossen.

Darum glaube ich,
wir brauchen nicht mehr,
sondern weniger,
keinen starken,
sondern
einen schwachen Glauben.
Was heisst das?
Antworten finden sich bei Lukas,
Kapitel 18, Verse 9–14:
das Gleichnis vom Zöllner und Pharisäer.

1. Zwei Ebenen der Geschichte

Erste Ebene: Zwei Arten des Glaubens

Zuerst
das Unmittelbare,
der Inhalt selbst.
Zwei unterschiedliche Glaubensformen,
zwei ungleiche Arten des Gebets.
Zwei Männer gehen in den Tempel, um zu beten.
Der Pharisäer spricht:

„Gott, ich danke dir, dass ich nicht so bin wie die anderen Menschen – kein Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder Zolleinnehmer wie dieser hier. Zwei Tage in der Woche faste ich, und ich gebe den zehnten Teil von allem, was ich kaufe.“

Abseits. Still.
Der Zöllner.
Traut sich nicht, zum Himmel aufzublicken.
Schlägt sich an die Brust

„Gott, vergib mir! Ich weiss, dass ich ein Sünder bin.“

Zwei Arten, vor Gott zu stehen.

Der Pharisäer braucht Gott,
missbraucht Gott für sich selbst,
um sich absolut zu setzen –
eigenständig,
unangreifbar,
losgelöst von anderen.

Gott – Mittel zum Zweck,
um die eigene Position,
die eigene Ansicht,
den eigenen Lebensstil
als unantastbar richtig zu deklarieren.

Zurück bleibt er allein.
Besser als alle,
getrennt von allen.
Die Beziehung bricht,
zu Gott,
zum Mitmenschen.

Sein Glaube – ein abgeschlossenes System.
Gott wird relativ,
fassbar,
klein genug
für seine eigene Hosentasche.

Ein Gott,
zugeschnitten
auf die eigene Meinung,
die eigene Lebensform.

Anders der Zöllner.
Gott übersteigt
jedes Denken,
jede Gewissheit,
jede Lebensform.
Im Angesicht Gottes
begrenzt er sich selbst.

Nicht Gott,
er selbst wird relativ.
Relativ meint Relatio – Beziehung.

„Sei mir Sünder gnädig.“

Die Gnadenbitte öffnet.
Seine Haltung:
die der offenen Hand.
„Hilf mir,
beschenke mich,
ich brauche dich.“

Dieser schwache,
abhängige,
suchende Glaube ist paradox stark –
weil er Raum schafft für Beziehung.
Der Pharisäer lebt einen absoluten Glauben,
der Beziehungen zerstört.
Der Zöllner lebt einen relativen Glauben,
der Beziehungen ermöglicht.

Zweite Ebene: An wen Jesus die Geschichte richtet

Die zweite Ebene:
der Kontext der Geschichte.

„Einige der Leute waren davon überzeugt, dass sie gerecht vor Gott lebten. Für die anderen hatten sie nur Verachtung übrig. Ihnen erzählte Jesus dieses Gleichnis.“

Jesus spricht zur religiösen Elite,
kritisiert seinesgleichen,
weist sein eigenes Team zurecht.
Er kritisiert Religion – von innen heraus.
Dies wird oft übersehen.
Christentum ist Religionskritik.
Manche sagen, Marx und Co. brachten nichts Neues.
Schon die alten Propheten erhoben ihre Einwände.
Von Amos bis Jesus –
die Bibel ist eine wichtige Quelle für Glaubenskritik.
Dies ist eine Stärke des Christentums:
Die Kirche hat nicht nur die Aufgabe,
Glauben zu fördern,
sondern auch dessen Ausübung kritisch zu reflektieren.

Wichtiger Punkt,
gerade heute an diesem Taufsonntag.
Die Verpflichtung der Eltern,
ihr Kind in der christlichen Tradition zu erziehen,
beinhaltet die Glaubensvermittlung
und die Schulung in dessen Kritik.

Gehen wir weiter
zur Frage der Relevanz.

2. Relevanz für heute

Wo liegt die Bedeutung für heute?
Hierzu: ein spannendes Interview bei Sternstunde Religion.
Ich mag das Format.
Bernd Stegemann im Gespräch –
Dramaturg und Theaterwissenschaftler.
Er sagt:

„Der moderne Mensch führt Glaubenskriege, ohne an Gott zu glauben.“

Wir leben in einer säkularen Welt –
dennoch verhalten wir uns religiös.
Nicht, dass die Leute beten
oder gar in die Kirche gehen würden.
Es ist die Haltung:
Wir setzen Meinungen absolut
und erklären Andersdenkende zu Ungläubigen.

Diese Dynamik zeigt sich in vielen gesellschaftlichen Bereichen.
Ohne den folgenden Beispielen ganz gerecht zu werden,
hier vier Themenfelder, die dies verdeutlichen:

  1. Die Bewegung der „Letzten Generation“.

    Das Anliegen,
    ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen,
    ist wichtig und richtig.

    Ihre Kommunikation
    trägt religiöse Züge.
    Der Name „Letzte Generation“
    ist eschatologische,
    endzeitliche Sprache.

    Die eigene Zukunftsvision ist definitiv,
    es gibt nur einen möglichen Verlauf.
    Wer dies anders sieht,
    liegt falsch,
    trägt die Schuld
    am unvermeidlichen Ende.

    Dialog mit Andersdenkenden
    wird schwierig,
    gar unmöglich.
    Nochmals: Ich verstehe das Anliegen,
    doch die verwendete Sprache sehe ich kritisch.

  2. Die politische Spaltung.

    In vielen Ländern,
    besonders in den USA,
    verhärten sich die Fronten:
    links gegen rechts,
    liberal contra konservativ.

    Die politische Haltung wird zum religiösen Bekenntnis:
    das eigene Programm – der Weg zum Heil.
    Der Präsident:
    der Messias oder der Teufel.
    Das eine oder das andere,
    je nach Partei.
    Doch beide Seiten stehen im Extrem.
    Es geht nicht um die Sache,
    sondern um Treue zum Lager.
    Der Diskurs stirbt,
    Zusammenarbeit ausgeschlossen,
    denn beide Seiten setzen ihre Wahrheit absolut.

  3. Der Nahostkonflikt.

    Das Thema ist heikel.
    Wir sehen zwei Flaggen:
    Palästina und Israel.
    In uns regen sich Emotionen.
    Wir sind mitten im Konflikt.
    Egal, wo wir stehen –
    wenn wir die eine oder die andere Flagge sehen,
    spricht wahrscheinlich der innere Pharisäer:

„Wie kann man nur!
Gott sei Dank bin ich nicht wie diese Leute.“

Auch hier:
Ich teile das Anliegen.
Völkermord und Terrorismus sind zu verurteilen.
Doch bei jedem Streit gilt:
religiöse Haltung ist destruktiv.
Nie kämpfen reine Gute gegen absolut Schlechte.
Alle tragen Schuld.
Beide haben Gründe.

  1. Ernährung und Lebensstil.

    Essen.
    Ich liebe es
    und geniesse es.
    Doch auch hier spriesst das Religiöse.
    Ernährung kann moralische Kategorie sein.
    Vegan ist der Weg zur Gesundheit.
    Das Heil liegt in der richtigen Diät.
    Und so kann Nahrung trennen.
    Gemeinsames Essen,
    Austausch und Beziehung
    werden so schwierig.

Was nun?
Neben der Diagnose findet sich bei Bernd Stegemann auch ein Lösungsansatz:

„Nur wenn wir anerkennen, dass unsere Ansprüche kein göttlicher Wille sind – wenn wir die Demut dem Bescheidwissen vorziehen –, können wir die Welt bewahren oder sogar besser machen.“

Mich erinnert dies an den Zöllner.
Ein relativer, schwacher Glaube,
der die Gesellschaft offen hält.
Wer seine Überzeugung relativiert,
wer Demut übt,
dem anderen zuhört,
der baut Brücken –
und rettet damit das,
was uns verbindet.

3. Zwei Anwendungen im Alltag

Wie kann das konkret aussehen?
Diese Predigt kann ich nicht von anderen einfordern.
Sondern nur auf mich und meine Bubble anwenden.

  1. Differenzierte Selbstkritik üben.

    Ich möchte mich in differenzierter Selbstkritik üben.
    Es liegt eine Kraft darin,
    die eigene Position zu hinterfragen,
    Kritik am eigenen Lager zu üben.

    Die Menschen,
    die die Grenzen und Schwächen,
    die Fehler und Sünden
    bei sich selbst
    und im eigenen System kennen und benennen,
    das sind die wichtigen Stimmen unserer Zeit.
    Konservative, die rechte Übertreibungen erkennen.
    Linke, die um die eigenen Abgründe wissen.
    Israelis, die Missstände in Israel ansprechen.
    Palästinenser, die den eigenen Umgang mit Gewalt thematisieren.
    Umweltaktivistinnen, die um die Schwierigkeiten einer radikalen Umweltpolitik wissen.

Paradox:
Diese Stimmen schwächen ihr Anliegen nicht.
Im Gegenteil:
Wer die eigenen blinden Flecken kennt,
um die Schwächen seiner Position weiss,
ist glaubwürdiger und reifer.
Hier zeigt sich, wer sein Gebiet wirklich beherrscht.

  1. Einen „schwachen Glauben“ leben.

    Zweitens
    möchte ich mich
    in einem „schwachen“
    bzw. „relativen“ Glauben üben.

    Was meine ich damit?
    Das schwache Denken von Gianni Vattimo erklärt es:

„Aus dem schwachen Denken ergibt sich auch eine bestimmte Haltung anderen gegenüber: Weil ich mir meines Seins und der Welt nicht sicher bin, höre ich zu und komme ins Gespräch, statt Letztbegründungen und Wahrheiten zu verkünden. Mit dieser Haltung kann ich in einer pluralistischen Gesellschaft leben.“

Diese Haltung wünsche ich mir.
In aller Selbstüberzeugung
die eigene Position,
das eigene Sein
offen halten,
relativ zu sein –
im Sinne von:
Raum schaffend
für andere und ihre Sicht.

Dies ist für mich gelebtes Christentum –
aus zwei Gründen.

Erstens verkünden wir
einen allumfassenden
und dabei
unfassbaren Gott.
Gott übersteigt jede Position,
ist grösser als jedes Denken
und Sprechen.
Kann Gott nie erfasst werden,
ist er immer mehr als meine eigene Perspektive.
Folglich:
Gott ist immer auch beim anderen zu finden.
Auch der,
der ganz anders denkt,
hat mir etwas zu lernen.

Zweitens:
In Jesus Christus zeigt sich Gott
als der, der sich selbst zurücknimmt,
sich beschränkt,
um Raum zu schaffen für andere.
In Jesus Christus begrenzt sich Gott,
relativiert sich Gott.
Darin,
in Jesus Christus,
liegt die Grundlage zur Gottesbeziehung
und zur Beziehung zu unseren Mitmenschen.

Darin liegt die Kraft eines schwachen Glaubens.
Er könnte die Grundlage zu einer gesunden und pluralen Gesellschaft sein.

Amen.

Die Inhalte dieses Beitrags basieren auf einer mündlich gehaltenen Predigt am 26.10.2015. Sie wurden mithilfe eigener Notizen und unter Einsatz von KI-gestützten Schreibwerkzeugen verschriftlicht und redaktionell überarbeitet.

Du willst genau wissen was das heisst? Hier findest du den gesamten Chatverlauf als PDF: https://christiangfeller.org/wp-content/uploads/2025/11/Dok10-1.pdf

Was, wenn das Pendel zurückschlägt?

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Punkto Glaube und Kirche bewegt sich etwas in der Gesellschaft. Die aktuellen Meldungen sind bemerkenswert: Junge Menschen zeigen vermehrt Interesse am christlichen Glauben und an der Kirche. So liessen sich etwa in der Osternacht 2025 in Frankreich rund 18’000 Menschen in der katholischen Kirche taufen[1], in Grossbritannien berichten Medien über stark steigende Bibelverkäufe[2], und in Schweden wird gar von Jesus Christus als „einflussreichstem Influencer“ gesprochen.[3]

Auch hier in Zürich höre ich von Pfarrkolleginnen und -kollegen, dass sich Jugendliche für den Glauben interessieren. Selbst erlebe ich, wie sich einzelne Jugendliche eigenständig für den Konfirmationsunterricht anmelden oder sich nach der Erwachsenentaufe erkundigen.

Als Pfarrer freue ich mich über diese Entwicklung. Ich bin überzeugt, dass der christliche Glaube eine wichtige Ressource für ein gelingendes Leben und eine gesunde Gesellschaft ist. Entsprechend begrüsse ich ein wachsendes Interesse junger Leute an dieser Quelle des Lebens.

Gleichzeitig sehe ich in dieser Entwicklung auch eine Gefahr. Ich frage mich, ob die Kirche und religiöse Gemeinschaften gut damit umgehen werden. Falls nicht, befürchte ich, dass das Pendel bald wieder zurückschlägt. Was meine ich damit?

Warum jetzt dieses Interesse?

Suchen wir zuerst nach Erklärungen für dieses neue Religionsinteresse. Folgende These erscheint mir plausibel: Wir leben in Zeiten grosser Freiheit. In der Postmoderne findet das Ideal, sich von allem zu lösen – Normen, Traditionen, Autoritäten – seinen Höhepunkt. „Richtig“ ist, was ich für mich als stimmig definiere. Diese Freiheit birgt enorme Chancen: individuelle Selbstbestimmung, Kreativität, Vielfalt. Besonders dann erlebe ich sie als bereichernd, wenn ich mich von strikten Regeln, Traditionen und Vorgaben emanzipieren kann. Ein anderes Gefühl weckt diese Freiheit jedoch, wenn ich auf einer „leeren Wiese“ mit ihr konfrontiert werde. Wenn ich nichts als diese Freiheit kenne, kann ich sie als belastend erleben: Entscheidungsdruck, Orientierungslosigkeit, Sinnleere.

Der Psychologe Barry Schwartz bezeichnet dies als Paradox of Choice: Wenn ich zu viele Möglichkeiten habe, wächst die Angst, mich falsch zu entscheiden. Wahlmöglichkeit wird zur Überforderung – die Freiheit zur Last.

In einer solchen Lage fragen viele Jugendliche: „Kann mir nicht etwas oder jemand Orientierung schenken? Wer hilft mir, mich zu entscheiden? Gibt es Werte, die mir sicher zeigen, was richtig und was falsch ist?“
Für solche Fragen haben Kirche und Religion definitiv Antworten parat: Gemeinschaft, Geschichte, Verbindlichkeit, Orientierung. Kein Wunder, dass insbesondere traditionelle Formen mit klaren Strukturen und Ritualen – wie die katholische Kirche – derzeit besonders an Attraktivität gewinnen: Sie stehen nicht nur für Freiheit, sondern auch für Halt und Klarheit.

Der christliche Glaube bietet kein zeitloses Wertesystem

Das steigende Interesse an Religion könnte also so erklärt werden: In Zeiten von Unsicherheit, Orientierungslosigkeit und gesellschaftlichen Umbrüchen sehnen sich viele nach klaren Regeln und festen Werten. Sie schenken Stabilität, Sicherheit und Halt – und sie können die Angst lindern, die mit der Freiheit eigener Entscheidungen einhergeht. Denn Freiheit bedeutet immer auch Verantwortung. Und Verantwortung kann überfordern.

Wie gehen wir nun als Kirche und als Christinnen und Christen mit dieser Sehnsucht um? Es gibt Stimmen, die sagen: Endlich findet die Jugend zurück zur Wahrheit. Endlich wird erkannt, dass die wichtigen Dinge nicht individuell wählbar sind und schon gar nicht von unseren Gefühlen und Vorlieben abhängen. Es gibt zeitlose Wahrheiten, die immer und für alle gelten.[4]

Tatsächlich – manches ist universell gültig. Das Schachspiel funktioniert seit Jahrhunderten nach denselben Regeln, und der Satz des Pythagoras bleibt wahr, egal in welcher Epoche oder Kultur. Diese Ordnung hat etwas Tröstliches: Sie vermittelt Verlässlichkeit.

Doch der christliche Glaube ist keine mathematische Formel und kein magisches Regelwerk, das man nur auswendig lernen müsste, um das Leben zu „lösen“. Der christliche Glaube bietet kein zeitloses Wertesystem. Der Kern des Glaubens ist Beziehung – zu Gott, zu mir selbst, zu anderen Menschen. Und Beziehungen sind nicht statisch und sie sind nicht delegierbar. Ich kann nicht für jemand anderen Ehe oder Freundschaft leben, und genauso kann ich nicht für andere beten, glauben oder ethische Entscheidungen treffen. Beziehung braucht persönliche Auseinandersetzung, Zustimmung, Emotion und Beteiligung. Wer glaubt, kann nicht einfach übernehmen – er muss sich selbst auf seinen Glaubensweg machen.

Gerade darin liegt die Spannung: In einer Zeit, in der wir es gewohnt sind zu konsumieren – Produkte, Meinungen, auch Sinnangebote –, kann man leicht in die Versuchung geraten, auch Glauben zu konsumieren. Man nimmt ihn an, weil er Sicherheit verspricht. Regeln und Werte geben Orientierung – und sie entlasten, weil ich nicht ständig neu entscheiden muss.

Doch genau das kann gefährlich werden, wenn dieser Schritt zu schnell oder zu unreflektiert geschieht. Wer sich an klare Strukturen klammert, um die Last der Freiheit loszuwerden, läuft Gefahr, die Inhalte nur äusserlich zu übernehmen. Ich kann Regeln befolgen, ohne sie innerlich verstanden zu haben. Ich kann Mitglied einer Gemeinschaft sein, ohne ihre zentralen Überzeugungen persönlich nachzuvollziehen. Ich kann glauben, ohne je gefragt zu haben: Warum eigentlich?

Wer Regeln übernimmt, ohne ihr Warum zu kennen, macht sie leicht zum Selbstzweck. Dann wird die Regel zum Ziel – statt zum Werkzeug. Gute Regeln haben aber immer einen Sinn. Eine rote Ampel ist kein Selbstzweck – sie ist da, damit ich nicht überfahren werde. Wenn jedoch eine rote Ampel an einer Strasse steht, auf der nie ein Auto vorbeifährt, macht es irgendwann keinen Sinn mehr, sie zu beachten.

So ist es auch im Glauben: Wenn ich nicht investiere, den Sinn und Zweck hinter Werten, Geboten und Traditionen zu verstehen, bleiben sie leer. Früher oder später – spätestens bei der nächsten Generation – wird die Frage auftauchen: Wozu eigentlich? Und wenn es hier keinen Raum zum Hinterfragen und zur Selbstreflektion gibt, werden Regeln nicht mehr als Orientierung erlebt, sondern erneut als Gefängnis, aus dem es gilt, auszubrechen.

Darum braucht es die persönliche Auseinandersetzung: das eigene Warum. Nur wer versteht, kann auch tragen. Nur wer Sinn erkennt, kann Regeln mit Überzeugung leben. Und nur wer selbst Verantwortung übernimmt, wird Freiheit nicht als Last, sondern als Geschenk erfahren.

Die Versuchung der Kirche

Der Prophet Jeremia beschreibt in Kapitel 31 einen neuen Bund, den Gott mit den Menschen schliesst. Dieser Bund unterscheidet sich grundlegend vom alten: Das Gesetz wird nicht mehr von aussen vermittelt, nicht mehr über Mittler wie Mose, sondern direkt ins Herz der Menschen geschrieben. Es ist ein innerer, persönlicher Überzeugung – kein System, das man einfach übernehmen kann, sondern eine Beziehung, die wächst.

Gerade hier liegt für die Kirche – und besonders für uns als geistlich Verantwortliche – eine grosse Herausforderung. Wenn junge Menschen heute wieder nach Sinn, Glauben und Orientierung fragen, ist die Versuchung gross, ihnen wie Mose entgegenzutreten: „Komm zu mir – ich sage dir, was richtig und falsch ist. Ich nehme dir die Last der Entscheidung ab. Folge meinen Regeln, dann findest du Ruhe für deine Seele.“
Das klingt fürsorglich, ist aber gefährlich. Denn wer anderen ihre Verantwortung abnimmt, nimmt ihnen zugleich die Möglichkeit, den Glauben zu verinnerlichen.

So entsteht kein lebendiger, tragender Glaube, sondern ein gelernter, äusserlicher. Ein Glaube, der so lange hält, wie die Autorität stark bleibt – und der bricht, sobald sie hinterfragt wird. Das Pendel schlägt dann unweigerlich zurück. Menschen übernehmen Regeln, die nicht ihre eigenen sind, und verlieren irgendwann das Interesse.

Der neue Bund, von dem Jeremia spricht, ist jedoch von anderer Qualität. Hier wird das Gesetz ins Herz geschrieben – also in die Mitte der Persönlichkeit, dort, wo Verstand, Gefühl und Wille zusammenkommen. Glaube wird nicht mehr auferlegt, sondern eingeübt. Er wird Teil des Lebens, innerlich verankert, erfahrbar.

Ein gutes Bild dafür ist die Musik: Wer ein Instrument lernt, übt zunächst mühsam die Regeln – Noten, Tonleitern, Griffe. Doch mit der Zeit werden diese Regeln verinnerlicht. Irgendwann spielt man frei, improvisiert, und die Musik wird Ausdruck des eigenen Inneren. Nicht, weil man die Regeln vergessen hätte, sondern weil man sie verstanden und in Fleisch und Blut überführt hat.

So ähnlich ist es auch mit dem Glauben. Wer lernt, im Dialog mit Gott zu leben – in der Auseinandersetzung mit der Bibel, im Gebet, in der Gemeinschaft –, entdeckt nach und nach, wie Freiheit und Orientierung zusammengehören. Nicht als Gegensätze, sondern als Spannungsfeld, in dem sich reifer Glaube bewegt.

Mein persönliches Fazit

Ich wünsche mir, dass wir als Kirche junge Menschen auf genau diesen Weg mitnehmen – nicht, indem wir ihnen die Last der Freiheit abnehmen, sondern indem wir sie begleiten, die Freiheit, ihr Leben und ihren Glauben verantwortlich zu gestalten. Wir können ihnen helfen, Wege zu finden, wie sie selbständig, reflektiert und ehrlich glauben lernen.

Dieser Weg befreit nicht von der Last der Freiheit. Aber er zeigt, dass Freiheit und Glaube sich nicht ausschliessen. Im Gegenteil: Der Glaube befreit dazu, diese Freiheit bewusst zu leben.

Darin liegen die Schönheit und die Herausforderung des christlichen Glaubens: dass Gott nicht Kontrolle sucht, sondern Beziehung. Und dass er uns zutraut, mit ihm im Gespräch zu bleiben – mit Kopf, Herz und Händen.

Ich glaube, wir leben in einer unglaublich spannenden Zeit. Denn dieser Glaube – ein persönlicher, verantworteter, freier Glaube – ist vielleicht gefragter als je zuvor.


[1] https://cathnews.com/2025/04/14/france-to-see-a-record-17800-catechumens-baptised-at-easter/

[2] https://www.e-n.org.uk/uk-news/2025-04-bible-sales-soar-in-the-uk

[3] https://www.citychurch.ee/will-jesus-be-swedens-most-popular-influencer-in-2025/

[4] Mit dieser Sichtweise argumentierte Johannes Hartl an der ICF-Konferenz 2025. Der vorliegende Blogbeitrag versteht sich als reflektierte und kritische Weiterführung seiner Überlegungen. Sein Vortrag ist hier zu finden: https://www.youtube.com/watch?v=l5EE2J5fBik

Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit KI-gestützten Werkzeugen. Der Autor hat Inhalte, Struktur und Formulierungen eigenständig konzipiert und redaktionell bearbeitet.

Wie kann ich meinen Platz im Leben finden?

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Wie unbeschwert sind die Kinderjahre.
Kein Hinterfragen.
Kein Vergleichen.
Wohnort, Freunde, Tagesablauf –
alles ist so, wie es eben ist.
Sicher mal langweilig.
Mal besser, mal schlechter.
Aber kein Kind hinterfragt seinen Platz in der Welt.
Da, wo das Kind ist, ist es zu Hause.

Erwachsenwerden heisst,
dass sich diese Frage plötzlich stellt.
Schritt für Schritt entwachsen wir dem Elternhaus.
Wer aus dem Nest fällt,
muss schauen, wohin ihn seine Flügel tragen.

Wo ist mein Platz?
Jesus erzählt im Lukasevangelium (Kapitel 14, Verse 7 – 14) eine Geschichte zu dieser Platzsuche:

Den richtigen Platz finden

7 Jesus beobachtete,
wie sich die Gäste die Ehrenplätze am Tisch aussuchten.
Da erzählte er ihnen ein Gleichnis:
8 »Wenn du zu einer Hochzeit eingeladen bist,
such dir nicht den Ehrenplatz aus.
Denn es könnte ein Gast eingeladen sein,
der vornehmer ist als du.
9 Sonst wird euer Gastgeber kommen und dir sagen:
›Mach ihm bitte Platz!‹
Dann musst du beschämt
auf den entferntesten Platz wechseln.
10 Nein! Wenn du eingeladen bist,
geh hin und wähle den entferntesten Platz.
Dann wird der Gastgeber kommen und zu dir sagen:
›Lieber Freund, rück doch näher zu mir.‹
So wirst du vor allen anderen Gästen geehrt.
11 Denn wer sich selbst gross macht,
den wird Gott niedrig und klein machen.
Aber wer sich selbst niedrig und klein macht,
den wird Gott gross machen.«
12 Dann sagte Jesus zu dem Gastgeber:
»Wenn du ein Mittag- oder Abendessen gibst,
lade keine Leute ein, die wiederum dich einladen –
deine Freunde, deine Brüder,
deine Verwandten oder reichen Nachbarn.
Sonst ist deren Einladung dein ganzer Lohn.
13 Wenn du zu einem Mahl einlädst,
lade vielmehr Arme, Verkrüppelte,
Gelähmte und Blinde ein.
14 Glückselig wirst du sein,
denn sie können dir nichts zurückgeben!
Du wirst aber deinen Lohn bekommen,
wenn Gott die Gerechten vom Tod auferweckt.«

Worin liegt die Relevanz dieser Geschichte für unser Leben heute?

Die Sehnsucht nach Heimat,
das Verlangen, unseren Platz in dieser Welt zu finden,
ist eines der grössten Themen unserer Zeit.

Nach Hartmut Rosa ist dies eines der zentralen Anliegen der Moderne:
„Dass wir hinausziehen können in die Welt, um den Platz zu finden, der ›uns anspricht‹, an dem wir heimisch werden können, den wir zu dem unseren machen dürfen – das ist die Verheissung der modernen Freiheitsvorstellung. ›Unseren Platz finden‹ meint dabei das Herstellen von lebendigen Beziehungen in allen Dimensionen: Der physische Ort, der uns Heimat werden kann, gehört ebenso dazu wie der Beruf, der Lebenspartner, die ästhetischen Praktiken, die religiöse, politische oder sonstige Weltanschauungsgemeinschaft usw.“
(Hartmut Rosa, Resonanz)

Dabei ist dieses Anliegen nichts Neues.
Die Suche nach Heimat ist so alt wie die Menschheit selbst.
Neu ist die Freiheit, die wir in dieser Suche haben.
Wir haben die Freiheit, unseren Platz selbst zu wählen.
Wir müssen nicht denselben Beruf erlernen wie unser Vater.
Niemand schreibt uns vor, ob und wen wir heiraten sollen.
Grundsätzlich steht uns jede Ausbildung und jeder Wohnort offen.

Durch diese einmalige Freiheit wird die Sehnsucht zum Anspruch.
Das Mantra lautet: Streng dich genug an, und du wirst ankommen.
Es hängt von dir ab, welchen Platz du in dieser Welt bekommst.

Die Worte Jesu scheinen hier keinen Sinn mehr zu machen:
»Nimm dir deinen Platz nicht selbst.
Setz dich lieber weiter unten hin.
Warte.
Lass dir deinen Platz schenken.«

Wer so handelt,
bleibt auf der Ersatzbank sitzen.
Wir können und wollen nicht warten.
Die Suche nach unserem Platz können wir nicht andere überlassen.
Schon gar nicht Gott.

Rosa bezeichnet dies als den Wunsch, die Weltreichweite zu vergrössern:
„Unser Leben wird besser, wenn es uns gelingt, (mehr) Welt in Reichweite zu bringen – so lautet das unausgesprochene, aber im Handeln unablässig reiterierte und reifizierte Mantra des modernen Lebens: Handle jederzeit so, dass deine Weltreichweite grösser wird.“
(Hartmut Rosa, Unverfügbarkeit)

Dieses »Mehr-Welt-Mantra« prägt uns tiefer, als wir denken.
Wir sehnen uns nach allem, was einen besseren Platz verspricht:
nach Geld – weil es uns Möglichkeiten eröffnet,
nach Mobilität – weil wir frei sein wollen, überall hinzukommen,
nach Ausbildung – weil sie Türen öffnet,
nach dem Leben in der Grossstadt – weil dort alles erreichbar scheint.

Getrieben von diesem Anspruch nach dem bestmöglichen Platz im Leben
schlägt der Wunsch nach Weltreichweite in eine Weltaggression um:

„Das Alltagsleben (…) konzentriert sich und erschöpft sich mehr und mehr in der Abarbeitung von explodierenden To-do-Listen, und die Einträge auf dieser Liste bilden die Aggressionspunkte, als die uns die Welt begegnet: der Einkauf, der Anruf bei der pflegebedürftigen Tante, der Arztbesuch, die Arbeit, die Geburtstagsfeier, der Yogakurs: erledigen, besorgen, wegschaffen, meistern, lösen, absolvieren.“ (Hartmut Rosa, Unverfügbarkeit)

Wie so oft steckt hinter Aggression Angst:
Wenn wir nicht ständig weitermachen, wachsen, uns steigern,
werden wir unseren Platz nicht nur nicht erlangen,
sondern gar verlieren.

Eltern träumen heute nicht mehr davon,
dass ihre Kinder es einmal besser haben werden –
sie befürchten,
dass es ihnen schlechter gehen wird.

Ich frage mich:
Bekommen wir einen besseren Platz, wenn wir so darum kämpfen?

Zu dieser Frage gibt es ein spannendes Bild von einem Tisch:
Es ist ein sehr grosser Tisch – mit nur zwei Stühlen an den jeweiligen Enden.
Daran sitzen Wladimir Putin und Olaf Scholz.
Zwei Menschen, die je einen der mächtigsten Plätze auf dieser Welt ergattert haben.
Und da sitzen sie –
an ihrem Platz,
an ihrem Tisch,
an der Spitze.
Einsam und allein.

Das ist eine falsche Verwendung eines Tisches.
Es geht beim Tisch – ja, allgemein im Leben –
doch nicht darum, am besten Platz zu sitzen.

Viel wichtiger ist, mit wem ich sitze.
Im Gegensatz zu diesem kalten, leeren Tisch
steht das Bild eines reich gedeckten Tisches,
an dem die unterschiedlichsten Menschen sitzen
und gemeinsam das Leben geniessen.

Wie wohltuend und stimmig dieses Bild doch ist!
Ein Platz an diesem vollen Tisch – ganz egal welcher –
fühlt sich doch viel mehr nach Heimat an
als der einsame Platz an der Spitze.

In dieser Perspektive beginnen die Worte Jesu,
einen neuen Sinn zu entfalten.
Er sagt dem Gastgeber:
Brauch deinen Tisch nicht dazu, um dir selbst einen Vorteil zu verschaffen.
Dein Tisch ist nicht da, damit du den besten Platz hast,
sondern damit du anderen einen Platz schaffen kannst –
und so mit anderen das Leben teilst
und selbst zum Leben findest.

Doch solch ein Platz lässt sich nicht erkämpfen.
Ein Tisch voller Freunde,
ein Abend mit ehrlichen Gesprächen,
mit Lachen, Tiefe und Nähe –
das kann man nicht machen.
So etwas ist unverfügbar.

Wir können den Tisch decken,
das Licht dimmen,
das Essen kochen,
alles perfekt vorbereiten –
aber dass daraus ein wirklicher Abend wird,
einer, der bleibt,
das liegt nicht in unserer Hand.
Es ist ein Geschenk.

Das zeigt sich etwa an Weihnachten:
Wie viele sind Jahr für Jahr
vom gemeinsamen Zusammensein enttäuscht?
Wir wünschen uns Stimmung, Wärme, Frieden –
und gerade dann,
wenn wir sie erzwingen wollen,
entzieht sie sich uns.

Das, was wir erleben möchten,
kommt nur, wenn wir loslassen.

Ein solcher Platz –
wo Nähe, Frieden und echte Begegnung möglich werden –
den kann man sich nicht nehmen.
Er wird einem gegeben.

Und plötzlich werden die Worte Jesus stimmig in unserer Zeit:
„Setz dich nicht auf den besten Platz.“
Nicht, weil du dich klein machen sollst,
sondern weil das Wesentliche
nicht gemacht, sondern geschenkt wird.

Denn der wahre Platz in dieser Welt
ist nicht der, den du dir erkämpfst,
sondern der, an dem du ankommst
und merkst:
Hier bin ich gemeint.

Amen.

Die Inhalte dieses Beitrags basieren auf einer mündlich gehaltenen Predigt am 31.08.2015. Sie wurden mithilfe eigener Notizen und unter Einsatz von KI-gestützten Schreibwerkzeugen verschriftlicht und redaktionell überarbeitet.

Gewalt und Glaube: Wie Religion Frieden fördern kann

Foto von Sunguk Kim auf Unsplash

Krieg und Konflikte –
Wir werden sie nicht los.
Menschen streiten.
Schon immer.

Warum gibt es keinen Frieden?

Religion ist für viele der Hauptgrund.
Von Belfast bis Bethlehem –
Menschen bekämpfen sich wegen ihrer Religion.

Johann Galtung, Pionier der Konflikt- und Friedensforschung, sieht die abrahamitischen Religionen in der Verantwortung.[1]
Islam, Judentum und Christentum finden Gott ausserhalb des Menschen.
Wer sich Gott als Gegenüber zum Menschen vorstellt, stellt sich Gott räumlich vor.
Wer Gott platziert, kann sich selbst einordnen:
Diese Gruppe ist ihm nah, jene ist ihm fern.
Religionen unterteilen nach Galtung so zwischen den Erwählten und den Anderen.
Die Menschen sind die erwählte Spezies und unterdrücken die Tiere.
Männer unterjochen im Namen Gottes die Frauen.
Die Gläubigen verurteilen die Ungläubigen.
Die Erwählten erheben im Namen Gottes Anspruch auf das Land der Verworfenen.
Diese religiösen Kategorien fördern Krieg.
Da hat Galtung einen validen Punkt.

Was nun?
Religion abschaffen?
Der Kommunismus tat dies.
Was blieb?
Die Gewalt.
Stalin, Mao, die Roten Khmer –
durch sie starben ebenso Millionen.

Vielleicht ist es besser, nicht ohne Religion zu leben,
sondern moderat religiös zu sein.
Es sind ja immer die Fundamentalisten,
die Stress machen.
Je ernsthafter jemand in seinem Glauben ist,
desto diskriminierender und intoleranter scheint er.

Timothy Keller widerspricht:
Das Problem ist nicht zu viel Glaube, sondern zu wenig.[2]
Wer sich im Namen des Christentums über andere erhebt,
nimmt die Quellen seiner eigenen Religion zu wenig ernst.

Gerade die jüdisch-christliche Religion ist eine der wichtigsten Ressourcen für Religionskritik.
Was Karl Marx kritisierte, findet sich bereits bei Amos – und erst recht bei Jesus.
Die Bibel weiss um das Gewaltpotenzial von Religion und kritisiert dies scharf.
Wahre „Fundis“ – Menschen, die ihr Fundament im christlichen Glauben gründen – sind aufgefordert, sich bewusst gegen den Missbrauch von Glauben zum Schüren von Krieg und Gewalt zu wehren.

Zwei Impulse aus dem Christentum erscheinen mir hierbei besonders wichtig:

1. Das Christentum lehrt keinen Dualismus.

Gerade religiöse Menschen sehen die Welt in Schwarz-Weiss.
Hier die Bösen, dort die Guten.
Star Wars kennt diesen Dualismus – die gute Macht gegen die dunkle.
Biblisch ist dieser Dualismus jedoch nicht.
Jüdisch und christlich wird Gott als Schöpfer verstanden.
Gott hat alles geschaffen.
Er hat alles gut geschaffen.
Alles ist grundsätzlich gut.
Selbst der Teufel ist ein gefallener Engel.
Böses ist immer pervertiertes Gutes.
Nichts und niemand ist durch und durch schlecht.
Alles hat einen guten Ursprung – einen richtigen Kern.

Dies ist für mich eine christliche Grundeinstellung:
Andersdenkende, Fremde, selbst mein Feind –
sind nicht das Böse,
das ich zerstören will,
sondern jeder hat einen guten Kern,
von dem ich lernen kann.

Sicher, er mag falsch abgebogen sein,
doch gestartet ist alles und jeder bei Gott.
Auch ich selbst – mit all meinen guten Absichten.
Wie oft ist meine Umsetzung einfach schlecht.
Wir sind alle Kinder Gottes,
die auf die schiefe Bahn geraten sind.

Es kann nicht sein, dass Kontrahenten einfach nur dumm, böse und schlecht sind.
Diesen guten Ursprung immer wieder zu bergen, heisst christlich leben.
Jede Generation hat diesem Dualismus und der daraus resultierenden Spaltung zu widerstehen.
Gott hat alle und alles wunderbar und gut geschaffen.

2. Frieden bedeutet nicht Gleichmacherei.

Ich glaube nicht, dass Frieden bedeutet, dass wir Menschen alle gleich sind.
So sehr ich die Haltung kritisiere, die Gruppierungen schafft, finde ich es auch nicht richtig, alles zu vereinheitlichen.
Es gibt Geschlechter, Völker, Berufsgruppen sowie unterschiedliche Begabungen und Verantwortungen.
Die Bibel spricht hier von Berufung.
Galtung sieht darin das Problem, dass sich die einen über die anderen erheben.
Doch so muss Berufung nicht verstanden werden.

Berufung als Privilegierung wird im biblischen Narrativ durch und durch kritisiert.
Israel wird erwählt –
nicht zum Privileg,
sondern zum Dienst.

Warum können wir heute Hierarchie nur als Diskriminierung verstehen?
Unterschiede müssen nicht automatisch ausgrenzen.
Unterschiede verpflichten zur Verantwortung – für die da zu sein, die anders sind.
Darin sollen wir konsequente Christinnen und Christen sein:
Auserwählung und Berufung immer wieder als Dienst zu verstehen.

„Aus grosser Kraft folgt grosse Verantwortung.“
Das wusste schon Spider-Man.

Juden haben eine einzigartige Verantwortung.
Sie leben in einer besonderen Gottesverbundenheit.
Durch Feste, Tradition und Geschichte haben sie eine andere Nähe zum Göttlichen.
Genauso haben Christinnen und Christen durch Jesus Christus ein einzigartiges Gottesbewusstsein.
Daraus resultiert nicht das Recht zur Ausgrenzung oder Überheblichkeit,
sondern zum Dienst in dieser Gesellschaft.

Männer- und Frauenrollen sind fluide und in jeder Gesellschaft neu verhandelbar.
Zeitlos ist die Aufgabe, einander zu dienen – gerade in und mit unseren geschlechtlichen Unterschieden.
Das ist das, was das Christentum und das Judentum unter Berufung verstehen.

Gerade in diesen zwei Punkten haben wir eine Verantwortung, uns für Frieden einzusetzen und das Gewaltpotenzial von Religion immer wieder zu kritisieren.

Ich glaube, Religion ist eine unglaubliche Kraft –
eine unglaubliche Energie zur Beziehung.
Religion kann Menschen verbinden wie kaum etwas anderes.
Jede Kraft – wie etwa Dynamit oder Geld – kann zum Positiven oder zum Negativen genutzt werden.
So gilt es, die Kraft, die das Christentum schenkt, immer wieder neu für den Frieden zu nutzen und sich dagegen zu wehren, dass sie zum Konflikt missbraucht wird.

Amen.


[1] Johan Galtung, “Cultural Violence” in Journal of Peace Research, Vol. 27, No. 3. (1990), S. 291-305.

[2] Timothey Keller, «The Reason for God” (2008), S. 58ff

Der vorliegende Text beruht auf einem Transkript der Predigt vom 5. Oktober 2025 zum Predigttext Matthäus 10, 34-39. Er wurde ohne jegliche Unterstützung durch KI-Systeme – insbesondere beim Redigieren oder Formulieren – erstellt.

Das Kreuz – kein gutes Marketing für das Christentum

Es war es noch nie.
Vielmehr war es von Anfang an ein Skandal, ein Schandfleck für die Religion.

Davon zeugt schon der älteste Hinweis auf das Christentum:
Ein Graffito, in Rom an eine Wand gekritzelt, wohl aus den Jahren 123 bis 126.
Darunter steht in griechischer Sprache:
„Alexamenos betet seinen Gott an.“

Dargestellt ist Alexamenos, wie er vor seinem Gott steht.
Dieser wird spöttisch als Esel gezeigt – ein Esel, der am Kreuz hängt.

Hier wird deutlich:
Schon in der Antike war nicht verständlich, was diese Christinnen und Christen da glaubten.
Wie kann man das Göttliche, das Mächtige, das Kraftvolle
an einem römischen Mordinstrument – dem Kreuz – erkennen?
Das ist doch Dummheit.
Das ist doch eine „Eselssache“.
Wie sollte man Gott im Kreuz erblicken und ihn anbeten?

Und ich glaube: Auch für uns heute ist das schwer zu verstehen.
Im berühmten Bibelvers Johannes 3,16 lesen wir:
Gott liebt die Welt. Ja, er liebt sie so sehr, dass er seinen eigenen Sohn hingab
und kreuzigen liess.

Das ist emotional schwer nachzuvollziehen.
Bei mir ruft es ein altes Gottesbild hervor:
Ein grimmiger alter Herr, beleidigt durch unsere Sünden,
fordert Wiedergutmachung.
Diese findet er im eigenen Kind.
Der Tod Jesu soll seinen Zorn besänftigen.
Weil er als Opfer stirbt, finden wir zu Gott.

So wird das Evangelium oft erzählt.
Doch für unsere Ohren ist das kaum eine gute Botschaft.
So zu denken, so zu fühlen,
scheint uns heute unmöglich.
Darin einen liebenden Gott zu sehen –
unverständlich.

Aber gibt es vielleicht eine andere Perspektive auf das Kreuz?
Scheint darin vielleicht doch mehr Liebe auf,
als unser modernes Herz zu fassen vermag?
Zu dieser Entdeckungsreise möchte ich euch einladen.

Inkarnation als Ausgangspunkt

Das Johannesevangelium denkt das Kreuz zunächst von der Inkarnation her.
Inkarnation bedeutet: In Jesus ist Gott in die Welt gekommen.
Das feiern wir an Weihnachten – dass Gott in Jesus Christus Mensch wurde.

Aber es gilt auch von unten her gedacht:
Jesus Christus ist ganz Mensch –
ein Mensch, der ins Göttliche aufgenommen wurde.
Ein Mensch so sehr auf Gott ausgerichtet,
dass Gott sich ganz in ihn hineingeben konnte.

Diese enge Verbindung von Gott und Mensch setzt das Johannesevangelium voraus:
„Nur einer ist in den Himmel hinaufgestiegen.
Es ist der, der auch vom Himmel herabgekommen ist: der Menschensohn.“ (Joh 3,13)

Und noch deutlicher im Johannes-Prolog:
„Im Anfang war das Wort,
und das Wort war bei Gott,
und das Wort war Gott.“ (Joh 1,1)
„Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns,
und wir sahen seine Herrlichkeit,
die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater,
voller Gnade und Wahrheit.“ (Joh 1,14)

Wenn wir über Jesus Christus sprechen,
sprechen wir über den Ort,
die Person,
in der Gott und Welt,
Gott und Mensch
eins wurden – ungetrennt und unvermischt.

Gott am Kreuz

Das ist die Faszination:
In Jesus Christus erscheint uns mehr als nur Menschliches.
Hier ist Gott uns nah.
Hier ist Gott mit uns und für uns.

Wichtig ist dabei: Gott ist nicht getrennt von Jesus Christus –
auch nicht am Kreuz.
Das Bild vom grimmigen Gott,
der sich zurückzieht,
passt nicht zum Denken des Johannesevangeliums.

Wenn Jesus Christus am Kreuz stirbt,
verabschiedet sich Gott nicht.
Er schaut nicht von oben herab.
Er ist mittendrin.

Das ist die Herausforderung des Christentums,
sein zentrales Gewicht:
Auch am Kreuz sind Gott und Mensch vereint –
ungetrennt und unvermischt.

Das hat ungeheure Konsequenzen.
Brillant beschreibt es G. K. Chesterton:

„Am Kreuz hing nicht nur ein Mensch, der von Gott verlassen war;
am Kreuz hing Gott selbst, der von Gott verlassen war.
Und das ist ein Rätsel, das tiefer geht als alle Theologien.
Es ist die einzige Religion, in der Gott sich selbst atheistisch nennt.
[…]
Die Verzweiflung, die das Christentum kennt, ist einzigartig,
denn sie wurde selbst von Gott durchlebt.
Kein anderer Gott, keine andere Religion,
hat es je gewagt, die Gottverlassenheit ins Herz ihres Glaubens zu stellen.“
(The Everlasting Man, Teil II, Kap. 6)

Wenn wir Gott und Mensch in Jesus Christus am Kreuz zusammen denken,
dann wird das Kreuz zum Ort,
wo Gott selbst von Gott verlassen wurde.

„Eli, eli, lama asabtani?“
„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“

Gott selbst erlebte Gottverlassenheit.
Jesus Christus fühlte sich atheistisch –
ohne Gott sein und leiden zu müssen.

Der Kern des Christentums

Und das ist der Kern des Christentums:
Nicht dass wir stark sind.
Nicht dass wir geistlich tief leben
und so die Distanz zu Gott überwinden –
durch Gebet, Fasten, Traditionen oder Rituale.

Nein.
Die christliche Botschaft lautet:
Gott kommt auf uns zu.
Er steigt hinab bis in den Tiefpunkt unserer Existenz,
hinein ins grösste Leiden und Versagen.
Dort, wo unser Glaube erlischt,
wo wir uns selbst von Gott verlassen fühlen,
im Tod selbst –
ist er gegenwärtig.

Und erstaunlich:
Gerade prominente Atheisten lassen sich von dieser Botschaft faszinieren.
Der Philosoph Slavoj Žižek sagt:

„Here you see the operation, your being abandoned by God is the very feature which unites you with God.”

„Hier siehst du den Vorgang: Dass du von Gott verlassen bist, ist genau das Merkmal, das dich mit Gott vereint.“

Žižek bleibt Atheist.
Aber er erkennt darin eine ungeheure Wahrheit.
Und für mich selbst ist das ein Schatz im Glauben:
In meiner grössten Schwäche,
in meinem tiefsten Zweifel,
dort, wo ich mich von Gott verlassen fühle,
weiss ich durch das Kreuz:
Gott ist da.
Mit mir, für mich – im tiefsten Abgrund.

So möchte ich Johannes 3,16 neu lesen:

Original (Luther 2017):
„Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab,
damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden,
sondern das ewige Leben haben.“

Neuinterpretation:
„Gott war so voller Mitgefühl und Mitleiden mit der Welt,
dass er sich in seinem Sohn selbst
in die Erfahrung des tiefsten Leids begab.
Damit jeder, der auf ihn vertraut, erkennt:
Am Tiefpunkt seines Lebens ist er nicht allein.
Nicht verloren, sondern gerade dort –
in grösster Gottverlassenheit –
ist Gott selbst gegenwärtig:
mit uns, leidend und liebend zugleich.“

Basis für den westlichen Sozialstaat

Dieses Mitleiden mit den Schwachen
prägte das Christentum von Beginn an
und wurde zu einem Grundpfeiler unserer sozialen Verantwortung.

In Menschen das Göttliche zu sehen,
war in der Antike nicht ungewöhnlich.
Jeder Kaiser verstand sich als Sohn Gottes.

Revolutionär war aber,
Gott im Schwächsten zu sehen.
Wenn Gott im Gekreuzigten gegenwärtig ist,
dann auch in allen Armen und Zerbrochenen.

So adoptierten Christinnen und Christen die ausgesetzten Kinder,
die Römer achtlos wegwarfen.
Wo andere Müll und Abschaum sahen,
sahen sie Gott.

Ein Beispiel von vielen,
das zeigt, wie unser Sozialstaat
im Kreuz wurzelt.

Persönliche Botschaft

Darin steckt auch für mich eine persönliche Botschaft:
Gott ist nicht dort, wo ich grosse Reden schwinge,
neue Projekte anstosse,
oder erfolgreiche Konfirmandenarbeit plane.

Er ist vielmehr dort,
wo ich an meine Grenzen stosse,
leide an mir selbst,
an der Institution,
und mich frage:
„Was kann dieser Glaube in unserer Zeit noch bewirken?
In welcher Sprache lässt er sich noch ausdrücken?“

Er ist dort, wo ich Menschen begleite,
wenn sie Abschied nehmen müssen von ihren Liebsten,
in ihrem grössten Schmerz, in der Erfahrung von Verlassenheit,
und in der Frage:
„Wie soll es weitergehen?“

Es gibt keinen Ort in dieser Welt – nicht einmal den Tod –,
an dem Gott nicht wäre und uns zuspricht:
„Ich bin mit dir. Mit dir und für dich.“

Amen.

Der vorliegende Text beruht auf einem Transkript der Predigt vom 14. September 2025 in der Kirche Bühl zum Predigttext Johannes 3,13–17. Er wurde ohne jegliche Unterstützung durch KI-Systeme – insbesondere beim Redigieren oder Formulieren – erstellt.

Über Authentizität und den Einsatz von KI

Zuerst: Dieser Text ist ein Gemeinschaftswerk. Ich hatte beim Schreiben Unterstützung durch ChatGPT. Die KI hat mir geholfen, eine ansprechende Überschrift zu finden, Inhalte zu strukturieren, zu redigieren und weiterzuentwickeln, die Rechtschreibung zu prüfen – und ja, sie hat mir auch ganze Absätze vorgeschlagen.

Warum ich das so offen erwähne? Weil mir Transparenz wichtig ist. Für die meisten gehört Künstliche Intelligenz längst selbstverständlich zum Schreiballtag. Sie ist kein „Geheimtrick“ im Hintergrund, sondern ein Werkzeug, das kreative Prozesse unterstützt, beschleunigt und neue Perspektiven eröffnet. Gerade beim Verfassen von Texten, die Substanz und Klarheit brauchen – wie etwa Predigten – kann das eine wertvolle Hilfe sein.

Doch damit stellt sich sofort die Frage nach der Authentizität: Kann ein Text noch „echt“ sein, wenn er nicht ausschliesslich von der Autorin oder dem Autor selbst stammt? Im Pfarrberuf spitzt sich diese Frage besonders zu. Je nach Frömmigkeitsstil wird erwartet, dass Predigten aus der persönlichen Ergriffenheit der Rednerin oder des Redners erwachsen. Unter diesem Anspruch wirkt der Einsatz von KI wie ein klares «No-Go».

Als Leserinnen und Hörer gehen wir meist selbstverständlich davon aus, dass die Worte direkt und unvermittelt aus der Person stammen, die sie ausspricht. Erfahren wir, dass eine Maschine mitgeschrieben hat, fühlen wir uns schnell getäuscht – als sei der Text weniger menschlich und damit weniger glaubwürdig. Unser Urteil ist dabei oft schwarz-weiss: Entweder 100 % „vom Autor“ und damit authentisch, oder durch KI beeinflusst und damit unecht.

Dieses binäre Verständnis macht Authentizität zu einem sehr engen, beinahe einsamen Konzept. Authentisch ist dann nur, wer ausschliesslich sich selbst entspricht und völlig unabhängig von äusseren Einflüssen schreibt. Doch schon die Entstehung der Bibel zeigt, dass inspirierende Texte vielschichtiger entstehen: Der Mythos, eine einzelne vom Geist Gottes ergriffene Person habe einen Text in einem Zug niedergeschrieben, hält für die meisten Schriften nicht stand. Kaum ein biblisches Buch entstand als spontaner Einfall einer einzigen Person. Vielmehr sind die Texte über lange Zeiträume hinweg von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst, überarbeitet, redigiert und erweitert worden. Oft flossen unterschiedliche Quellen zusammen, bis schliesslich die Gestalt entstand, die wir heute in unseren Händen halten.

Auch meine Predigten und Texte entstehen in einem Prozess. Ich versuche nicht, mein Innerstes so „unmittelbar“ wie möglich auszudrücken, sondern Ausdrucksformen des christlichen Glaubens zu finden, die in unserer Zeit hilfreich sind. Dafür nutze ich Quellen, die Inhalte besser und tiefer durchdacht haben als ich allein. Neben Büchern und dem Internet gehört heute auch KI dazu. Meine eigentliche Leistung liegt darin, Gedanken zu kombinieren, zu strukturieren und in eine lebendige Rede zu verwandeln.

Meist predige ich frei. Grundlage ist ein stichwortartiges Manuskript, ergänzt durch Präsentationsfolien. Dabei entstehen viele Formulierungen erst im Sprechen selbst – das vorbereitete Skript und die tatsächliche Predigt sind nie völlig deckungsgleich. Wenn ich anschliessend einen Blogbeitrag daraus machen möchte, braucht es deshalb Nacharbeit. Hier nutze ich KI besonders stark: Ich füttere sie mit meinen Notizen, bearbeite den entstehenden Text und lasse ihn danach nochmals verdichten und straffen, um ihn abschliessend selbst zu redigieren.

Natürlich birgt das Risiken: Zum einen könnte ich mich zu sehr auf die Formulierung durch KI verlassen und so meine eigenen sprachlichen Fähigkeiten verkümmern lassen – ähnlich wie beim Kartenlesen, das wir verlernen, wenn wir nur noch dem Navi folgen. Zum anderen besteht die Gefahr, dass meine Texte den typischen „ChatGPT-Sound“ annehmen und mein eigener Stil verloren geht. Deshalb experimentiere ich auch mit Ansätzen, bei welchen ich auf KI verzichte, indem ich etwa Predigten aufnehme und dann das bearbeitete Transkript veröffentliche.

Gleichzeitig sind die Vorteile nicht zu übersehen: Meine Texte sind sprachlich runder, die Rechtschreibung ist zuverlässiger, und vor allem bin ich schneller. Ohne diese Unterstützung würde die Arbeit deutlich mehr Zeit beanspruchen – Zeit, die ich als Vater kleiner Kinder und im Berufsalltag schlicht nicht habe. KI ermöglicht mir also, überhaupt regelmässig zu schreiben und Predigten zugänglich zu machen.

Hierbei lege ich Wert auf Transparenz: Ich erkläre, wie meine Texte entstehen und in welchem Mass KI daran beteiligt ist. Denn Authentizität bedeutet für mich nicht, völlig ohne Hilfsmittel zu schreiben, sondern ehrlich Verantwortung für Inhalte, Aussagen und Entstehungsprozesse zu übernehmen.

Am Ende bin ich überzeugt: Ein Text ist nicht dadurch authentisch, dass er ausschliesslich aus der „Feder“ einer einzelnen Person stammt. Authentizität zeigt sich vielmehr darin, ob die Worte glaubwürdig wirken, etwas Wahres transportieren und für die Lesenden oder Hörenden relevant sind. KI kann mich unterstützen – aber sie ersetzt nicht meine Stimme, meine Haltung und mein theologisches Ringen. Diese Verantwortung bleibt bei mir, und genau darin liegt die Echtheit meiner Texte.

Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit KI-gestützten Werkzeugen. Der Autor hat Inhalte, Struktur und Formulierungen eigenständig konzipiert und redaktionell bearbeitet.

Inneren Frieden – wie finde ich ihn? Oder: Wer hält wen fest: ich den Frieden oder der Friede mich?

Wir leben in einer unruhigen Zeit.
Die Welt atmet schnell.
Nachrichten, Termine, Erwartungen – sie prasseln auf uns ein.
Die Seele gerät leicht ins Wanken.

Mitten in allem: die grosse Sehnsucht nach innerem Frieden.
Manchmal leise, manchmal schreiend.
Wie finde ich Ruhe – nicht nur am Ferienstrand,
sondern mitten im Alltag,
mitten in der Nacht,
mitten im Streit?

Viele Antworten, die wir hören, laufen auf Selbstoptimierung hinaus:
Besseres Zeitmanagement. Achtsamkeitstraining. Fitnessprogramme.
Alles hilfreich.
Und doch bleibt die Frage:
Gibt es Wege, die tiefer reichen?
Wege, die nicht nur meine Leistung verbessern,
sondern mein Herz zur Ruhe bringen?

Eine Geschichte: Regen, der Busfahrer und ich

Stell dir vor:
Neulich stand ich im Regen an der Bushaltestelle.
Der Bus kam.
Der Fahrer sah mich.
Er fuhr vorbei.

Und als ob das nicht genug wäre:
Eine Welle Wasser, direkt über meine Schuhe,
über die Hosenbeine, mitten ins Gesicht.

Wie viel Einfluss haben äussere Umstände auf meinen inneren Frieden?
Eine Menge.
Wenn ich da stehe, klatschnass, ignoriert,
bin ich unruhig, verärgert, unzufrieden.
Ganz anders, wenn die Sonne scheint,
der Bus hält, der Fahrer freundlich grüsst.

Umständen prägen mein Innenleben.
Darum klingt es plausibel:
Verändere deine Umstände und finde Frieden!
Und ja: das funktioniert.
Stell dir vor:
Die Limousine hält.
Sie bringt mich ins Spa.
Ein Anruf: Der Rest des Tages frei.
Schon wächst meine innere Ruhe.

Aber: das meiste im Leben habe ich nicht im Griff.
Regen und Busfahrer gehorchen nicht meinem Willen.
So vieles entzieht sich meiner Kontrolle.
Darum lehren viele Traditionen:
Wahrer Friede kann nicht von Umständen abhängen.
Er muss tiefer liegen.

Buddhismus – Frieden durch Loslassen

Der Buddhismus sagt:
Leiden kommt vom Begehren.
Vom Festhalten.
Frieden entsteht, wenn ich loslasse –
sogar die Vorstellung, ein festes Ich zu haben.

Wie reagiert ein Buddhist im Regen?
Er spürt die Kälte.
Er nimmt sie wahr.

„Kälte entsteht.
Kälte vergeht.
Ärger ist nur ein Gedanke.
Der Fahrer handelte aus seinen Ursachen heraus.“

Er lächelt.
Nicht weil er naiv wäre,
sondern weil er erkannt hat:
Festhalten am verärgerten Ich nützt nichts

Stark finde ich: die Achtsamkeit.
Das klare Hinsehen.
Das Benennen.
Und dann das Loslassen
der Emotion, des eigenen Egos.
Ich höre darin sogar ein Echo Jesu:
„Wer sein Leben festhält, wird es verlieren.“

Und doch bleibt für mich eine Leerstelle.
Wenn das Selbst sich auflöst,
lösen sich auch alle Beziehungen auf.
Dann bleibt ein stiller Raum,
weiss, steril, friedlich –
aber auch einsam und leer.

Stoa – Frieden durch Vernunft

Der Buddhist sucht Frieden, indem er das Selbst negiert –
der Stoiker, indem er es diszipliniert.

Die Stoa, eine alte griechisch-römische Philosophie, sagt:
Nicht die Dinge machen uns unruhig,
sondern unsere Urteile über die Dinge.

Der Stoiker im Regen wischt sich das Wasser vom Gesicht.

„Der Regen liegt nicht in meiner Macht.
Der Busfahrer liegt nicht in meiner Macht.
Aber meine Reaktion – die liegt in meiner Macht.“

Er atmet tief.
Er richtet sich auf.
Vielleicht gönnt er sich später einen Tee.
Nicht als Trostpflaster,
sondern als Ausdruck seiner Selbstbestimmung.

Stark finde ich hier: die Akzeptanz.
Seinen Platz kennen.
Die Grenze des eigenen Einflusses anerkennen.
Und in diesem Rahmen treu leben.
Viele Unruhen entstehen,
weil wir mehr sein wollen, als wir sind.

Und doch bleibt die Stoa ein Weg der Selbsterlösung.
Gelingt mir die Haltung: Stolz.
Misslingt sie: Härte gegen mich selbst.
Und noch eine Anfrage:
Wird aus stoischer Ruhe nicht leicht die Parole:
„Bleib auf deinem Platz!
Auch wenn es ungerecht ist.“
Manches darf man nicht hinnehmen.
Manches muss man verändern.

Christentum – Frieden als Beziehung

Der dritte Weg: das jüdisch-christliche Denken.
Frieden hier: kein Zustand,
sondern eine Beziehung.

Wir alle kennen Menschen, bei denen es einfach gut ist.
Ihr Name im Kalender macht uns froh.
In ihrer Nähe dürfen wir sein,
ohne Maske, ohne Angst.
Sie wollen unser Bestes.

Das Evangelium sagt:
So ist Gott mit dir.
Ein guter Vater,
eine treue Mutter,
ein Freund an deiner Seite.
Einer, der mit dir ist,
der für dich ist.

Wie reagiert ein Christ im Regen?
Er schaut dem Bus nach, seufzt,
und betet leise –
oder eher wie ich verärgert, fluchend:

„Gott, schenke dem Fahrer einen sicheren Weg.
Und mir Geduld.
Vielleicht hast du einen Grund,
dass ich heute zu Fuss gehe.“

Frieden entsteht hier nicht,
weil ich perfekt loslassen kann.
Nicht, weil ich meine Reaktion im Griff habe.
Sondern weil ich glaube:
Mein Leben liegt in Gottes Hand.

Stark finde ich:
Hier ist Raum für meine Emotionen.
Ich darf enttäuscht sein.
Ich darf klagen.
Ich darf Gott meinen Ärger hinwerfen.
Und gleichzeitig weiss ich:
Er ist mein Gegenüber.
Und er bleibt bei mir.

Manchmal führt mich das zur Akzeptanz.
Manchmal drängt es mich gerade deshalb,
etwas zu verändern.
Denn wer in Gottes Frieden steht,
kann Frieden stiften.

Innerer Friede – eine Beziehung zu mir selbst

Wenn Gott Frieden mit mir hat,
wenn er mich ansieht wie ein Freund –
dann darf auch ich mir ein Freund sein.

Das Evangelium sagt nicht:
„Reiss dich zusammen.“
Es sagt:
„Du bist angenommen. Geliebt. Befreit.“

Darum ist innerer Friede mehr als Stimmung.
Er ist Beziehung.
Beziehung zu Gott, der mich nicht fallen lässt.
Und Beziehung zu mir selbst:
zu lernen, mit mir auszuhalten,
mit mir barmherzig zu sein,
mit mir im Frieden zu leben.

Nicht Selbstverliebtheit.
Nicht Selbstoptimierung.
Sondern Freundschaft.

So beginnt der Friede innen.
Nicht weil ich ihn produziere,
sondern weil Gott ihn schenkt.
Nicht weil ich makellos bin,
sondern weil ich versöhnt bin.

Innerer Friede –
das ist, wenn ich sagen kann:
„Gott ist mit mir im Frieden.
Darum darf ich mit mir im Frieden sein.
Darum kann ich mit anderen Frieden suchen.“

Amen.

Die Inhalte dieses Beitrags basieren auf einer mündlich gehaltenen Predigt am 24.08.2015. Sie wurden mithilfe eigener Notizen und unter Einsatz von KI-gestützten Schreibwerkzeugen verschriftlicht und redaktionell überarbeitet.

Träumt! Brecht auf! Macht euch auf euren Weg – Predigt zur Konfirmation 2025

zu Beginn möchte ich euch eine Geschichte erzählen. Sie stammt vom Autor Jorge Bucays aus seinem Buch «drei Fragen»

Die Geschichte von der Kutsche

Eines Tages klingelt das Telefon. Der Anruf ist für mich. Kaum habe ich meinen Namen gesagt, da hör ich auch schon eine sehr vertraute Stimme: „Hallo, ich bin’s. Geh mal raus auf die Strasse, da wartet eine Überraschung für dich.“ In freudiger Erwartung trete ich auf den Bürgersteig, und vor mir sehe ich das Geschenk. Eine kostbare Kutsche steht direkt vor meiner Haustür. Sie ist aus poliertem Nussbaum gefertigt, hat bronzene Verzierungen und Lampen aus weissem Porzellan, alles sehr fein, sehr elegant, sehr chic. Ich öffne die Tür zur Kabine und steige ein. Ein grosser halbrunder Sitz mit bordeauxrotem Cordbezug und weisse Spitzenvorhänge geben dem Innenraum etwas Vornehmes. Ich setze mich und merke, dass alles für mich massgefertigt ist: auf meine Beinlänge abgestimmt, mit passender Sitzbreite und Dachhöhe… alles ist ausgesprochen bequem, und Platz ist hier nur für mich.

Ich schaue also aus dem Fenster und betrachte „die Landschaft“: auf der einen Seite die Fassade des Hauses, in dem ich wohne, auf der anderen diejenige meines Nachbarn… und ich sage: “Was für ein wundervolles Geschenk! Fabelhaft, so schön…“ Und genieße dieses Gefühl.

Nach einer Weile fange ich an, mich zu langweilen, denn vor dem Fenster sieht man immer das Gleiche. Ich frage mich: “Wie lang kann man sich eigentlich dieselben Sachen anschauen?“ Und langsam komme ich zu dem Schluss, dass dieses Geschenk eigentlich nicht besonders viel taugt. Lauthals beschwere ich mich darüber. Irgendwann kommt mein Nachbar vorbei, und als könnte er Gedanken lesen, sagt er: “Merkst du denn nicht, dass an dieser Kutsche was fehlt?“ Mit dem Was-fehlt-denn-wohl-Ausdruck im Gesicht schaue ich mir die Polsterung und die Vorhänge an. „Na, die Pferde fehlen“, sagt er, noch bevor ich überhaupt nachfragen kann. Ach, deshalb sehe ich immer dasselbe, denke ich, darum ist es so langweilig … . „Ja, stimmt“, sage ich. Und ich mache mich auf den Weg zum Fuhrpark und erstehe zwei kräftige, junge, schneidige Pferde. Ich spanne die Tiere vor die Kutsche, steige wieder ein und brülle von drinnen: „Hüüaahh!!“

Die Landschaft wird phantastisch schön, aussergewöhnlich, sie verwandelt sich permanent und überrascht mich immer wieder neu. Trotzdem spüre ich schon ziemlich bald eine gewisse Vibration, und auf der einen Wagenseite entsteht ein tiefer Riss. Die Pferde ziehen mich über die schlechtesten Pisten, sie springen über jeden Graben, holpern über Bürgersteige, bringen mich in die übelsten Gegenden. Mir wird klar, dass ich nicht die geringste Kontrolle über die Lage habe, diese Biester zerren mich dorthin, wohin es ihnen beliebt. Am Anfang hat mir dieses Abenteuer grossen Spass gemacht, inzwischen bin ich mir aber sicher, dass die Sache ziemlich heikel ist. Ich bekomme es mit der Angst zu tun und stelle fest, dass auch das nicht wirklich weiter hilft.

Da sehe ich meinen Nachbarn, der ganz nah in seinem Auto vorbeifährt, und schimpfe auf ihn ein. „Was hast du mir da eingebrockt!“ Er schreit zurück: „Was dir fehlt ist ein Kutscher!“ „Aha!“, sage ich. Unter grössten Schwierigkeiten und nur mit seiner Hilfe gelingt es mir, die Pferde zu stoppen, und ich mache mich auf die Suche nach einem Kutscher. Ich habe Glück. Ich finde einen. Er ist ein zurückhaltender, zuverlässiger Mann, und aus seiner Miene lässt sich schliessen, dass er vielleicht nicht gerade Spass, dafür aber umso mehr von seinem Handwerk versteht. Sofort tritt er seinen Dienst an. Mir scheint, erst jetzt weiß ich mein Geschenk wirklich zu schätzen. Ich steige in die Kutsche, mach es mir bequem, nicke mit dem Kopf und sage dem Kutscher, wo ich hin will. Er hält die Zügel in der Hand und hat die Lage völlig unter Kontrolle. Er bestimmt die angemessene Geschwindigkeit, er wählt den besten Weg. Während ich drinnen in der Kabine sitze … und die Fahrt geniesse.

Diese Geschichte kann man auf verschiedene Weisen deuten:
Jorge Bucays deutet sie als Bild für unser inneren Instanzen:
Die Kutsche — unser Körper,
die Pferde — unsere Wünsche, Gefühle, Sehnsüchte,
der Kutscher — der Verstand

Ich möchte die Geschichte mehr im Sinne von Lebensabschnitten deuten.
Denn unser Leben hat Phasen — Übergänge, die uns herausfordern, uns wachsen lassen – bis heute noch kommen viele in unsere Gesellschaft für die Übergänge dieser Lebensphase in die Kirche. Folgende Lebensabschnitte finden wir in der Geschichte:

1. Die Kutsche – das Geschenk eures Lebens

Das Geschenk der Kutsche kann mit eurer Geburt und Kindheit verglichen werden. Eure Geburt war ein grosses Ereignis — vor allem für eure Eltern.
Damals haben wir das mit eurer Taufe gefeiert. Und euch zugesprochen: Du bist ein Geschenk. Du bist gewollt. Du bist einzigartig.

Wie die kostbare Kutsche in der Geschichte.

2. Die Pferde – eure Sehnsucht nach Leben

Die Konfirmation ist für mich der Übergang zu den Pferden.
Ihr seid mitten im Prozess des Aufbruches. In den nächsten Monaten und Jahre macht ihr euch auf in die Berufslehre, ins Gymnasium, werdet ausziehen, vielleicht eine eigene Familie gründen. Ihr werdet in nächster Zeit immer mehr Erwachsen werden und euch entsprechend aufmachen.
Das zeigt auch das Thema, dass ihr für eure Konfirmation gewählt habt: «Träume – sich auf den Weg machen»

Ihr habt Träume, Sehnsucht, wollt los.
Ihr wollt leben, entdecken, euch aufmachen.

Es ist Zeit die Pferde anzuspannen.

Doch das lösst Fragen aus. So habt auch ihr die Frage gestellt «Was ist, wenn ich nicht weiss, wohin ich soll?»

Ich weiss, viele von euch stellen sich genau diese Frage.
Und es ist eine sehr berechtigte, kluge Frage.
Denn ihr habt heute unendlich viele Möglichkeiten.
Viel mehr als Generationen vor euch.

Und genau darin liegt ein Problem.
Es gibt einen Begriff dafür: Paradox of Choice — das „Paradoxon der Wahl“. Dieses besagt – je mehr Wahlmöglichkeiten wir haben um so unglücklicher sind wir mit unseren Entscheidungen: Wer nur drei Jeans im Laden zur Auswahl hat, muss nur zweimal nein sagen, um eine zu kaufen. Wer hunderte zur Wahl hat, muss viel mehr Nein sagen. Je mehr Möglichkeiten wir haben, desto schwerer wird es, sich zu entscheiden. Weil wir immer fürchten, etwas zu verpassen, die falsche Wahl zu treffen, uns gegen etwas Gutes zu entscheiden.

Das kann lähmen.
Das kann dazu führen, dass wir lieber gar keinen Weg gehen.
Dass wir uns im Kreis drehen.

So wie ein Auto im Kreisel, das immer wieder an Ausfahrten vorbeifährt, aber nie eine nimmt. Weil ja hinter jeder nächsten Ausfahrt vielleicht ein besserer Weg warten könnte.
Und während das Auto so im Kreis fährt, vergeht die Zeit.
Und aus Fahrt wird Stillstand in Bewegung.

Darum möchte ich euch zwei Dinge mitgeben, die wir im Vers finden, den ihr für diesen Gottesdienst ausgesucht habt:

„Freue dich, junger Mensch, in deiner Jugend,
und lass dein Herz fröhlich sein in den Tagen deiner Jugend.
Wandere auf den Wegen deines Herzens
und nach dem, was deine Augen sehen.“ (Prediger 11, 8-9a)

Erstens: Vertraue deinem Herzen.
Lass es fröhlich sein.
Tu, was dich glücklich macht, was deine Augen sehen.
Was dich staunen lässt, dich neugierig macht.
Und wisst ihr was?
Das ist von Mensch zu Mensch verschieden.
Was für den einen Glück ist, ist für die andere vielleicht gar nichts Besonderes.
Deshalb: hör auf das, was in dir leise ruft.
Nicht auf das, was alle sagen.
Nicht auf das, was gerade angesagt ist.
Denn dein Herz hat seine eigene Stimme.
Manchmal ist sie leise.
Aber sie kennt deinen Weg.

Zweitens: Entscheide dich.
Wandere.
Bleib nicht stehen.
Fahr nicht endlos im Kreis.
Irgendwann musst du dich für eine Ausfahrt entscheiden.
Denn Entscheiden heisst immer auch sich von etwas anderem scheiden.
Nicht, weil das andere schlecht ist — sondern weil du nur dann den einen Weg wirklich gehen kannst. Nur dann wird aus Möglichkeit Wirklichkeit.

Das braucht Mut.
Aber das ist Leben.

Ich wünsche euch, dass ihr ein feines Sensorium habt für euer Herz.
Dass ihr spürt, was euch gut tut.
Dass ihr hört, wenn es fröhlich ist — und wenn es sich meldet.

Und ich wünsche euch den Mut, diesem Herzen zu folgen.
Nicht blind, nicht kopflos — aber ehrlich.

Und ich hoffe, dass euch die Konf-Zeit hier in der Gemeinde ein paar Werkzeuge dafür an die Hand gegeben hat.
Vielleicht ein Wort, ein Gespräch, ein Gebet, ein Gedanke.
Etwas, das euch in eurem Leben weiterhilft.

Doch mit diesem mutig vorwärts gehen, stellt sich eine zweite Frage:
Was ist, wenn ich scheitere?

3. Der Kutscher – Gott als richtender Begleiter in der Mitte des Lebens

Was ist, wenn ich scheitere?

Ich kann euch das ganz ehrlich sagen:
Du wirst scheitern.
So oder so.

Das gehört zum Leben dazu.
Schaut euch Josef an — der mit den grossen Träumen.
Sein Traum brachte ihn zuerst ins Gefängnis.
Er landete nicht direkt im Palast, sondern in der tiefsten Dunkelheit.
Und auch in unserer Geschichte von der Kutsche passiert das.

Am Anfang ist alles wunderbar.
Dann kommen die Pferde, die Träume, die Wünsche, die Leidenschaften.
Und plötzlich geht es Schlag auf Schlag.
Sie jagen dich über Stock und Stein, durch gute und schlechte Gegenden.
Und ehe du dich versiehst, sitzt du in einer holprigen Kutsche,
die längst nicht mehr auf sicherem Weg unterwegs ist.

So ist das Leben.
Gerade wenn man älter wird.
Wenn man mehr Verantwortung hat.
Wenn Entscheidungen Konsequenzen haben.
Wenn man merkt: nicht jeder Wunsch tut mir gut.
Nicht jede Leidenschaft bringt mich dahin, wo ich eigentlich hinwill.

Und dann? Wie hören wir im Scheitern diese Worte aus dem Predigerbuch:

„Doch wisse, dass dir Gott über dies alles Rechenschaft fordern wird.“
(Prediger 11, 9b)

Ein Satz, der im ersten Moment Angst machen kann.
Ein Gott, der alles sieht, alles notiert, alles einmal vorhält?
Vielleicht hat der eine oder die andere noch dieses Bild im Kopf:
ein strenger Richter mit starrem Blick.

Ich hoffe, dass wir im Konf-Unterricht miteinander angefangen haben, dieses Bild zu hinterfragen. Denn Richten heisst im biblischen Sinn nicht einfach verurteilen.
Es heisst aufrichten.
Herrichten.
Wieder zurechtrücken.
Dinge neu ordnen.
Und genau das ist es, was Gott tut.

Ich wünsche mir, dass ihr euch Gott als Kutscher vorstellt.
Einen, der die Zügel in der Hand hält.
Nicht um euch zu fesseln, sondern um euch vor dem Sturz zu bewahren.
Einen, der euch nach einem Umweg wieder auf den richtigen Weg lenkt.
Der euch, wenn ihr euch verrannt habt, zurückführt.

Ganz im Sinn dieser wunderbaren Zusage aus Jeremia:

„Denn ich weiss wohl, was ich für Gedanken über euch habe,
spricht der Herr: Gedanken des Friedens und nicht des Leids,
dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.“ (Jeremia 29, 11)

Dieser Gott ist kein Buchhalter eurer Fehler.
Sondern ein zurückhaltender, geduldiger Kutscher.
Der weiss, wann er lenken muss und wann er euch freien Lauf lässt.
Der Geduld hat, auch wenn ihr im Kreis fahrt.
Der euch aber nicht aufgibt.

Und wenn ihr irgendwann spürt:
Jetzt wird es holprig, jetzt verliere ich die Richtung —
dann ladet er euch ein.
Vielleicht eine Bibel aufzuschlagen.
Vielleicht die Kirche wieder zu betreten.
Vielleicht das alte Notizbuch der Konf-Zeit hervorzuholen.
Vielleicht ein Gespräch zu suchen.

Denn der Kutscher wartet.
Nicht vorwurfsvoll.
Sondern mit dem Wunsch, euch Zukunft und Hoffnung zu geben.

Amen.

Die Inhalte dieses Beitrags basieren auf einer mündlich gehaltenen Predigt vom 15.06.2025. Sie wurden aufgrund eigener Notizen und unter Einsatz von KI-gestützten Schreibwerkzeugen verschriftlicht und redaktionell überarbeitet.